Die arme Seele

 

In Nondorf an der Wild gebar einmal eine Frau ein Kind. Da das Kleine – es war ein Mädchen – ungewollt zu Welt kam und die Frau auch nicht verheiratet war, wurde es von der Mutter im Zorn gemein beschimpft. Später starb die Mutter und das Mädchen kam nach Messern zu einem Herrn in den Dienst. Dort wurde es aber immer wieder vom Geist der Mutter heimgesucht, der sie anflehte, doch etwas für die Befreiung aus dem furchtbaren Fegefeuer zu tun.

Als das Mädchen zunehmend schwächer wurde, erfuhren auch der Dienstherr und der Pfarrer von dem Leid der Seele und es wurden Prozessionen - von Messern und Nondorf ausgehend – abgehalten.

Die Menschen trafen in der Nähe des Galgens – wo heute das Armenseelenkreuz steht – zusammen und begaben sich dann in die Kirche nach Nondorf. An diesem Ort musste das Mädchen noch verschiedene Gebete verrichten und ihre Schürze spenden. Seitdem war die Seele der Mutter erlöst und das Mädchen wurde nicht mehr von deren Geist heimgesucht.

Quelle: F. X. Kießling, Frau Saga im niederösterreichischen Waldviertel, Wien 1930.